Adipositas bei Hunden

Achte auf das Gewicht deines Vierbeiners

Ein Stück Kuchen für Frauchen und Herrchen und eine entsprechende Menge Leckerlies für den Hund. Aber oh je, das liebe Gewicht! Es ist allzu menschlich, wenn wir unseren Lieblingen auch etwas Feines gönnen wollen. Leider steckt jedoch bereits im Wort „menschlich“ der vermeintliche Übeltäter. Studien zeigen, dass übergewichtige Haustiere meist das Resultat einer Vermenschlichung der Vierbeiner sind. Neben krankheitsbedingten Ursachen ist eine falsche Ernährung und (oder) zu wenig Bewegung der häufigste Grund für Adipositas beim Hund! Das Lieblingstier wird als Familienmitglied verwöhnt und zugleich nicht mehr als einer seiner Art wahrgenommen. Daher kommt eine artgerechte Haltung in Bewegung, Ausbildung und Ernährung häufig zu kurz.

Fettleibigkeit als Gesundheitsstörung

Aber was ist eigentlich Adipositas und ab wann ist ein Tier übergewichtig? Die Fettleibigkeit ist eine Ernährungs- und Stoffwechselkrankheit, bei der Mensch oder Tier – simpel gesprochen – zu viel Fettgewebe besitzen. Im medizinischen Sinne leidet dein Vierbeiner an Übergewicht, wenn er über 10 – 20% zusätzlich zum Idealgewicht auf die Waage bringt. Ein ausgewachsener Labrador Retriever sollte beispielsweise bei einer Schulterhöhe von 57 cm maximal 35 Kilogramm auf die Waage bringen.  Nehmen wir kleine Gewichtsschwankungen außen vor, darf dein Vierbeiner nicht schwerer als 38 Kilogramm werden. Achte stets auf das Gewicht deines Lieblingstiers, da eine erhöhte Masse nicht nur die Lebensqualität deines Hundes mindert. Adipositas kann zu Problemen beim Bewegungsapparat, Diabetes mellitus, Pankreatitis, Hauterkrankungen, Harnsteinbildung, Tumorerkrankungen, vielen weiteren Krankheitsbildern sowie einer allgemein verminderten Lebenserwartung führen.

Die Ursache einer Fettleibigkeit ist stets ein Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und – verbrauch. In vielen Fällen kann der Hundehalter deshalb aktiv etwas gegen die Störung unternehmen. Für deine Berechnung: Der tägliche Energiebedarf für das Idealgewicht ergibt sich aus dem Ruheenergiebedarf.

(RER): 1,6 × (70 × kg0,75)

Der RER (Resting Energy requirement) wird dabei als Grundlage für weitere Berechnungen des Kalorienbedarfs genutzt. Je nach Situation des Hundes darf er mit einem bestimmten Wert multipliziert werden. Soll dein Liebling jedoch abnehmen entspricht der tägliche Energiebedarf 1xRER. Bei unserem Beispiel vom 38 Kilogramm schweren Labrador Retriever kämen wir somit auf einen Tagesbedarf von 1.714 Kalorien.

Die Ernährung unserer Hunde

Das Sprichwort „Was dem Meister frommt, auch dem Hund bekommt“ ist zwar längst überholt – zeigt jedoch deutlich die Wandelfähigkeit unserer Vierbeiner, wenn es um das Futter geht. In unserer Gesellschaft wurden Hunde mehr und mehr zu Allesfressern domestiziert. Ob Trocken- oder Feuchtfutter aus dem Handel, BARF bzw. selbst zubereitetes Futter – wichtig ist, dass du dich in der Verträglichkeit der Nahrungsmittel auskennst und deinen Liebling bedarfsdeckend ernährst.

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Auf eine vielseitige Ernährung achtet bereits der wilde Vorfahr unserer Hunde. Der Wolf ist, im Gegensatz zur geläufigen Meinung, kein reiner Fleischfresser und damit kein strikter Beutetierfresser. Je nach Versorgungslage bedient er sich auch an Früchten, Gräsern oder Wurzeln. Ein weiteres Erbe des Stammvaters beim Hund ist die Fähigkeit, größere Fettmengen zu speichern. Das variierende Nahrungsangebot zwingt den Wolf wohl oder übel, in Zeiten mit überschüssigem Nahrungsangebot, Fettreserven anzulegen – und das tut auch unser Haushund. Du solltest daher stets die Rationen im Auge behalten, damit eine Überfütterung nicht möglich wird.

Hunger und Appetit beim Hund

Nun stellt sich die Frage, was unsere Vierbeiner dazu verleitet, über ihren Bedarf hinweg zu fressen. Gesunde Hunde gewöhnen sich mehr oder weniger an regelmäßige Futterintervalle – d.h. eine bestimmte Ration zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sobald aufgetischt ist, erfolgt die Futteraufnahme und dann übernimmt der Verdauungstrakt seine Aufgabe. Nach ausreichender Menge signalisieren postabsorbierende Mechanismen und Signale dem Körper das Sättigungsgefühl. Ähnlich wie bei Menschen können aber auch äußere Faktoren oder genetische Voraussetzungen die Gewichtszunahme bzw. das Hunger- oder Sättigungsgefühl beeinflussen.

Sensorische Reize

Geschmäcker sind eben verschieden! So spielen nicht nur die Inhaltsstoffe eines Futters eine individuelle Geschmacksrolle, sondern auch beispielsweise Konsistenz und Geruch. Bei heiklen Hunden sind die Halter häufig froh, wenn sie endlich ein passendes Futter gefunden haben. Vorsicht aber vor zu vielen Futterexperimenten: Einige Hunde werden erst zunehmend wählerisch, wenn sie wissen, dass sie dann etwas anderes aufgetischt bekommen. Zudem kann bereits ein vermehrter Konsum die Entwicklung von Übergewicht oder Verfettung begünstigen.

Bei einseitigem Futter ist ein besonderes Augenmerk auf mögliche Mangelernährung angebracht. Hier kommt es darauf an, ob das Futter per se „bedarfsdeckend“ (=Alleinfuttermittel) ist. Achte also darauf, dass das Futter eurer Wahl auch entsprechend gekennzeichnet ist. Futtermittelhersteller spielen gerne mit Emotionen und suggerieren eine gesunde Ernährung, halten dann bei den Inhaltsstoffen aber nicht immer ein, was sie versprechen.

Krankheiten und Rasse

Weniger gut untersucht, aber durchaus offensichtlich wahrnehmbar, sind die Unterschiede bei Rassen. Augenscheinlich treten Völlegefühl und die vom Organismus interpretierten „Normalwerte“ von Fettrationen bei Hunden unterschiedlich auf. Als Extrembeispiele wären hier Windhund und Mops zu nennen. Zudem anfällig für Adipositas sind: Labrador Retriever, Beagles, Basset Hounds, Cairn Terrier, Cavalier King Charles Spaniels, Cockerspaniels, Langhaardackel, Scottish Terrier, Shelties und West Highland White Terrier. Neben der genetischen Veranlagung spielt auch der Sexualtrieb eine gewisse Rolle bei der Futteraufnahme. Läufige, trächtige oder scheinträchtige Hündinnen reduzieren ihre Futteraufnahme. Auch Rüden verlieren in der Gegenwart von läufigen Hundedamen den Appetit. Kastrierte Artgenossen langen beim Futtervorrat hingegen gerne mal kräftig zu und sind somit anfälliger für Übergewicht.

Von großer Bedeutung sind schließlich noch bestimmte Krankheiten, die wortwörtlich auf den Magen schlagen. Die Schilddrüsenunterfunktion und das Cushingsyndrom fallen hier besonders ins „Gewicht“.

Äußere Einflüsse

Häufig wird beobachtet, dass insbesondere Tiere in Einzelhaltung zu Adipositas neigen. Daher können wir davon ausgehen, dass auch die Umwelt einen entscheidenden Einfluss nimmt. Bei unserem gewählten Beispiel führen Konkurrenz- und Rangverhalten zu einer verminderten Futterration. Auch das gegenseitige Animieren zum Raufen und Spielen begünstigt weniger Fetteinlagerung. Hier sorgt der höhere Energiebedarf durch Bewegung für einen Ausgleich. Trotz erhöhtem Energiebedarf führt der Futterneid bei Welpen wiederum unter Umständen zu übertriebener oder bei den schwächeren Tieren zu reduzierter Nahrungsaufnahme.

Ob Einzelgänger oder nicht – Bei der Futteraufnahme spielen weitere Faktoren eine nicht zu verachtende Rolle. Halter- oder Ortswechsel, Angstsituationen oder ungewöhnlicher Lärm beeinflussen beispielsweise nicht nur den Gemütszustand deines Lieblings, sondern können auch zu Fressstörungen führen. Wo Stresssituationen in der Regel den Appetit dämpfen, kann Langeweile hingegen zu vermehrter Futteraufnahme führen.

Fütterungstechniken bei Gewichtsreduktion

Unseren Lieblingstieren etwas zu verwehren fällt uns nicht nur ungemein schwer, sondern suggeriert uns auch, wir würden unsere tierischen Freunde um etwas Lebensfreude betrügen. Diese Gedanken dürfen wir nicht zulassen. Denn es geht um die Gesundheit unserer Schützlinge.

Wir haben dir hier ein paar Tipps zusammengestellt, wie du Futter und Leckerlies rationieren kannst. Diese Tipps sind vor allem dafür da, dass du eine Balance der Energiezufuhr findest. Leidet dein Vierbeiner unter Fettleibigkeit, konsultiere unbedingt einen Tierarzt. Er wird gemeinsam mit dir einen Diätplan erstellen und feststellen können, ob dein Liebling bereits unter Folgeerkrankungen leidet.

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Es ist wichtig, dass beim Projekt „Abspecken“ alle mit ins Boot geholt werden: Familie, Freunde, Hundesitter – also Personen, die oft im Kontakt mit dem Patienten stehen und potenzielle „Leckerliquellen“ darstellen.

Nun aber zurück zu den Tipps:

Klassische Futterration

Die Energieaufnahme wird über den Appetit gesteuert und Auslöser sind häufig sensorische Faktoren. Achte daher zum Beispiel darauf, dass der Standort des Futtervorrats gut gewählt ist. Hat dein Liebling ständig den Duft von Leckereien in der Nase, wird er nicht aufhören können, ans Fressen zu denken. Viele kleine Mahlzeiten mindern das Hungergefühl. Gerne darf dein Hund zudem etwas Hirnschmalz und Bewegung für die Nahrungsbeschaffung investieren. Hilfreich erweisen sich hierbei sogenannte Puzzle-Feeder. Hier noch ein paar Regeln, die dir helfen sollen, bewusster zu füttern:

  • Auflisten aller Futterbestandteile (und Futterbelohnungen s.u.)
    Doch auch hier müssen alle an einem Strang ziehen. Es hat wenig Sinn, zu Hause die Leckerlis akribisch abzuzählen, wenn der Hund bei der Hunde-Oma unter Tags heimlich mit Salami gemästet wird.
  • Berechnung der Energiezufuhr (RER siehe oben im Artikel)
  • Zielgewicht festlegen (Empfohlene Gewichtsreduktion pro Woche: 1 – 1,5% des Körpergewichts)
  • Gewichtskontrollen (mind. 1x pro Woche) und Rationsanpassung an das neue Gewicht

Leckerlies

Ob Erziehungsmaßnahme oder der legendäre Hundeblick – Gründe für den Belohnungshappen zwischendurch gibt es viele. Auch wenn die Futterindustrie sehr genaue Angaben zum Tagesbedarf unserer Lieblinge macht, können wir häufig nicht wahrhaben, dass dieser winzige Snack tatsächlich einer Energiezufuhr gleichkommt.

Oft ist es aber gerade dieses ritualisierte Leckerli, das zur Verstärkung erwünschter Verhaltensweisen eingesetzt wird und unbeabsichtigt zu Adipositas führt. Für eine ausdrückliche Reduktion kannst du dir folgende Verhaltensweisen antrainieren:

  • Bewusstsein schaffen für den Energiebedarf (RER) des Hundes – welche Futtermenge bekommt dein Lieblingstier einschließlich der Leckerlis?
  • Bewusstsein schaffen für die tägliche Menge an Leckerlies.
    Trick: Sobald dein Vierbeiner einen Leckerbissen erhält, muss eine äquivalente Menge an beliebigen Gegenständen gesammelt werden (Steine, Spielfiguren, o.ä.). Zähle am Abend die Sammlungsstücke und überlege, ob die Snackmenge noch angemessen ist.
  • Zuneigungs-Leckerlies reduzieren! Versuche deinem Hund auf andere Weise deine Liebe zu zeigen und zu beschäftigen – streicheln, massieren, fangen, Spielzeug verstecken u.Ä. Aufmerksamkeit und aktive Beschäftigung und damit „Quality-Time“ ist die beste Art von Belohnung für deinen Vierbeiner
  • Betteln und Aufmerksamkeitssuche nicht mit Leckerlies belohnen
  • Rituale aufbrechen – Bekommt dein Liebling immer Snacks, wenn du von der Arbeit heimkommst? Gönnst du deinem Hund jeden Abend ein kleines Betthupferl?
  • Optional das Futter mit Gemüse (z.B. geraspelten Zucchinis, Karotten, usw.) mischen

Der alte Hund

Wir sprechen häufig davon, dass unsere Seniorenhunde etwas langsamer werden, doch wann genau lässt der Bewegungsdrang nach? Ein Beispiel: Bei Labrador Retrievern beträgt der Energiebedarf nach dem siebten Lebensjahr nur noch drei Viertel des Bedarfs jüngerer Hunde. Jedoch lässt sich das, wie bei vielen Eigenschaften unserer Lieblinge, nicht verallgemeinern. Bei früh alternden Rassen muss gewiss schon eher mit einem reduzierten Bedarf gerechnet werden.

In der Regel kann der Energiebedarf äquivalent zur körperlichen Aktivität gesehen werden. Doch diese Veränderungen kommen schleichend und den Zeitpunkt X, bei dem die Futtermenge reduziert werden muss, gibt es nicht. Zudem machen viele Tierhalter den Fehler, ihrem Vierbeiner im Alter mit einem Gaumenschmaus eine Alternative zum Spieldrang schaffen zu wollen (Eine Möglichkeit ist hier mit dem Geruchsinn zu arbeiten – Das Leckerli ist Teil einer Schnüffelaufgabe o.Ä.) – und das schlimmstenfalls sogar durch noch größere Portionen. Ein weiterer Grund, warum Hunde im Seniorenalter häufiger an Adipositas leiden, sind Krankheiten, die vorwiegend im Alter auftreten. Dazu gehören: Funktionsstörungen der SchilddrüseDiabetes mellitusCushing (Hyperadrenokortizismus).

Da Adipositas im Alter vermehrt auftritt, kannst du deinem Hund bereits während des körperlichen Wachstums einen Gefallen tun, indem du die Ernährung auf den tatsächlichen Bedarf einstellst (RER). Besitzt dein Liebling schon in frühen Jahren überflüssige Fettzellen, sind die Folgen im Alter verstärkt. Neben dem verminderten Bewegungstrieb nimmt bei älteren Tieren das Fettgewebe allgemein auf Kosten anderer Gewebe zu.

Falls du dir unsicher bist, ob dein Liebling etwas zu viel auf den Rippen hat, frage gerne deinen Tierarzt. Er kann dich auch in Bezug auf die richtige Ernährungsstrategie beraten und gegebenenfalls eine Diät verordnen.




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