Kardiomyopathien bei Katzen

Diagnose und Therapie bei einer felinen Kardiomyopathie-Patientin

In Kardiomyopathie stecken die Begriffe „kardía“ für Herz, „mys“ für Muskel und „páthos“ für Leiden. Im Allgemeinen fassen Mediziner damit verschiedene Erkrankungen des Herzmuskels (Myokard) zusammen, bei denen der Muskel nicht mehr richtig arbeitet. Bei Katzen kann eine Erkrankung primär (genetisch) oder sekundär (als Folge anderer Erkrankungen, wie beispielsweise Hyperthyreose) auftreten. Da Risikofaktoren wie beim Menschen (Übergewicht, Fleischkonsum, Nikotin, Alkohol) für eine Erkrankung wegfallen schließen Forscher Umwelteinflüsse für die Entstehung nicht aus. Ein verlässlicher Nachweis dafür fehlt jedoch noch.

Für eine primäre Erkrankung sind vor allem Rassekatzen wie Maine Coon, Perser, Ragdoll, Bengale, American Short Hair, Norwegische und Sibirische Waldkatze, Burmese, Türkische Van, Scottish Fold, Sphynx oder Britisch- aber auch Europäisch Kurzhaar und vor allem männliche Tiere prädisponiert. Solltest du einen Schützling dieser Rassen bei dir aufgenommen haben, raten wir dir kardiologische Untersuchungen – im speziellen durch ein Herzultraschall (Echokardiografie) – mit in die Vorsorge aufzunehmen. Sprich gerne mit deinem/deiner TierärztIn über Risiko und Behandlungsformen einer Erkrankung. Gegebenenfalls müsst ihr einen Spezialisten für Veterinärkardiologie hinzuziehen.

Symptome bei Herzschwächen

Wie bei vielen Herzerkrankungen ist die Samtpfote in einem frühen Krankheitsstadium imstande mit der Erkrankung zu leben, ohne dass sie sichtbare Anzeichen vorweist. Für Katzenhalter ist es zusätzlich schwer einen bereits lebensbedrohlichen Zustand oder Symptome zu erkennen. Eine Differenzierung zwischen „herzgesund“ und „herzkrank“ ist bei Katzen viel schwieriger als beim Hund. Meist führen dann erst untypische Verhaltensänderungen wie Antriebslosigkeit oder längere Schlafphasen dazu, dass die Mieze in der Tierarztpraxis vorgestellt wird.

Da diese Anzeichen aber sehr vage sind und eine allgemeine Bewegungsunlust in der Regel auch andere Gründe haben kann, drücken die wenigsten bereits frühzeitig den imaginären Alarmknopf. Bei Katzen ist das erste Zeichen einer Herzerkrankung eine leicht erhöhte Atemfrequenz (Tachypnoe) – die normale Atemfrequenz/min. sollte etwa 30 sein. Der so genannte Provokationstest kann dir eventuell helfen derartige Symptome richtig einzuordnen: Motiviere deine Samtpfote mit einem Laserpointer zu spielen. Fängt die Katze nach der körperlichen Aktivität an zu hecheln, kann das ein Zeichen einer Herzerkrankung sein.

Zeigt der feline Patient jedoch keine der erwähnten Symptome, führt in vielen Fällen auch hier erst die Notfallsituation dazu, dass die Herzerkrankung entdeckt wird. Bei allen Formen der Kardiomyopathie entstehen aber beim Voranschreiten der Krankheit schwerwiegende Folgen für den Organismus der Katze. Zu ihnen gehören Herzversagen und die Bildung von Blutgerinnsel, die zu Thrombosen und Embolien führen können (Aortenthrombose, „feline aortic thromboembolism“).

Im Folgenden stellen wir dir drei Formen von primärer Kardiopathie vor: die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM), die restriktive Kardiomyopathie (RCM) und die dilatative Kardiomyopathie (DCM).

Kardiologie bei Katzen ist Herzensache | Lieblingstier

HCM – Hypertrophe Kardiomyopathie

Die HCM ist die häufigste Herzerkrankung bei Katzen und es ist wohl wortwörtlich die Krankheit von Miezen mit „zu viel Herz“. Denn charakteristisch für die HCM ist eine Zunahme bzw. Verdickung (Hypertrophie) der Herzmuskelmasse aufgrund einer andauernden, verstärkten Belastung.

Ende der 1960er und 1970er wurde sie erstmals bei der Katze umfassend beschrieben und die entstandenen Aufzeichnungen dienten sogar als relevantes Forschungsmaterial für die HCM bei Menschen.

Die Herzerkrankung tritt meist asymmetrisch auf und betrifft vorwiegend die linke Herzkammer bzw. den Ausflusstrakt der linken Kammer. Ursache einer hypertrophen Kardiomyopathie sind vererbte Mutationen, die vor allem bei den Rassen Maine Coon und Ragdoll auftreten. Leider wird diesen Katzen auch die kürzeste Überlebenszeit prognostiziert. Neben der Rasse spielen auch das Alter und das Voranschreiten der Krankheit prognostisch eine Rolle. Etwa 12 bis 17% der Vierbeiner erleiden in Folge der HCM eine gefährliche arterielle Thromboembolie auch Feline arterielle Thromboembolie (FATE) genannt. Die Ursache sind Blutgerinnsel, die abgeschwemmt werden und zu einem unsäglich schmerzhaften Verschluss der Beinarterien der Hinterextremitäten (und in nur seltenen Fällen der Vorderextremitäten) führen. Die Folge sind Störungen in der Motorik der Hinterläufe bis hin zu Lähmungserscheinungen derselben. Charakteristisch für das Vorliegen einer FATE sind die so genannten „5 P“:

  • Paresis (teilweise oder vollständige motorische Lähmungen)
  • Palor (Blässe)
  • Pain (Schmerzen)
  • Pulselessness (schwacher oder gar fehlender Puls)
  • Poikilothermia (keine konstante Körperkerntemperatur)

Die Katze schleift somit meist plötzlich ihre Hinterbeine hinterher und vokalisiert lautstark ihre Schmerzen. Ihre Hinterpfoten fühlen sich kalt an und mögliches Hecheln deutet auf Schmerzen oder ein Lungenödem hin.

Die Hypertrophie führt bei Katzen nicht zwangsläufig zu Herzgeräuschen und auch eine Abnahme der Leistungsfähigkeit fällt im Gegensatz zu erkrankten Menschen oder Hunden nicht weiter auf. Unter Umständen wird die Erkrankung somit nicht als solche wahrgenommen und ein kongestives Linksherzversagen (häufig in Form von Lungenödem oder Pleuraerguss – Flüssigkeitsansammlung in der Lunge bzw. der Pleurahöhle) tritt ohne Ankündigung ein. Außerdem ist ein Perikarderguss als Komplikation möglich. Infolge leidet dein Lieblingstier unter Ermüdungserscheinungen (nun ist auch ein Leistungsnachlass zu sehen – zum Beispiel beim Überwinden mehrerer Stufen), Appetitlosigkeit, Kurzatmigkeit, Maulatmung und Herzrhythmusstörungen.

Diagnose und Therapie einer hypertrophen Kardiomyopathiebei Katzen

Das EKG kann nicht nur Aufschluss über die Höhe der Herzfrequenz liefern, sondern auch über die Art der Herzrhythmusstörung. Daher sollte es nach dem Abhören immer eingesetzt werden, wenn Herzgeräusche oder Arrhythmien auffallen. Röntgen oder EKG allein sind jedoch nicht beweisend für HCM, sodass für die eindeutige Diagnose ein Kardiologe zu Rate gezogen werden muss. Katzen mit HCM haben nicht immer Herzgeräusche und eine Erkrankung zeigt sich erst durch eine Echokardiografie (Herzultraschall). Bei einer fortgeschrittenen Erkrankung lässt die Volumenzunahme des Herzmuskels auch bei einem Röntgenbild Schlüsse über die Herzschwäche der Katze zu.

Die gesammelten Befunde über Schwere und Fortschritt der Kardiomyopathie entscheiden schließlich über die Therapieform. Bei Pleuralerguss wird in erster Linie abpunktiert; bei einem Lungenödem braucht die Mieze zunächst dringend Entwässerungsmedikamente. Parallel dazu verabreicht der/die TiermedizinerIn je nach Bedarf ACE-Hemmer und Herzfrequenz senkende Mittel, um das überlastete Herzchen zu schonen und den Blutfluss wieder auf Vordermann zu bringen. Je nach Fall müssen zudem schmerzhafte Thromboembolien mit Medikamenten vermieden werden. Es gibt also keine Standardtherapie und so lässt sich auch keine aussagekräftige Prognose erstellen. Eine frühzeitige Entdeckung trägt aber wie so oft dazu bei, dass die Chancen auf noch viele lebenswerte Katzenjahre steigen. Achte also darauf, dass dein Liebling ab dem 8. Lebensjahr im Rahmen der Vorsorge-Untersuchung einen Herzultraschall bekommt (Bestimmte Rassen entsprechend früher).

RCM – Restriktive Kardiomyopathie

Die restriktive Kardiomyopathie ist die zweithäufigste Kardiomyopathie der Katze. Im Gegensatz zur HCM ist die RCM keine Erkrankung, die bestimmte Rassen häufiger betrifft. Zudem tritt sie ausnahmslos bei erwachsenen Katzen auf. Merkmal der RCM ist eine Steifheit der linken Herzkammer – oder in manchen Fällen auch beider Kammern. Dafür ist eine narbenartige Verhärtung des Organgewebes durch eine unkontrollierte Vermehrung von Bindegewebsfasern verantwortlich. Symptomatisch unterscheidet sich die RCM nicht groß von der HCM, jedoch leiden ein Drittel der erkrankten Samtpfoten zusätzlich unter einem so genannten Aszites (Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle). Durch die Vorhofvergrößerung sind womöglich des weiteren Vorhofflimmern oder komplexe Herzrhythmusstörungen wahrnehmbar.

Diagnose und Therapie einer restriktiven Kardiomyopathie bei Katzen

Wird die Erkrankung in einem frühen, asymptomatischen Stadium als solche erkannt, ist in der Regel keine Therapie notwendig. Trotzdem sollte der Zustand des Herzes der Mieze genauer mit einem Herzultraschall untersucht werden. Bei einer stark vergrößerten Vorkammer oder einer Blutgerinnselbildung steigt die Gefahr einer Aorthenthrombose. Um das Risiko zu mindern, kann der/ die TierärztIn auf gerinnungshemmende Medikamente zurückgreifen. Im symptomatischen Stadium ähnelt die Therapie der einer hypertrophen Kardiomyopathie. Entwässernde, kreislaufunterstützende und gegebenenfalls antiarrhythmische Mittel helfen der erkrankten Samtpfote, sich wieder zu stabilisieren versprechen jedoch keine Heilung im eigentlichen Sinn. Die Katze wird ihr Leben lang weiter von der Verabreichung von Medikamenten abhängig sein. Zudem ist die Prognose auf ein langes und erfülltes Katzenleben eher als schlecht zu betrachten.

DCM – Dilatative Kardiomyopathie

Kennzeichen der dilatativen Kardiomyopathie sind, wie der Name vermuten lässt, eine Dilatation (Vergrößerung) und eine Hypokontraktilität (vermindert zusammenziehbar) der Herzkammern. Übersetzt heißt die Krankheit also so etwas wie „krankhafte Erweiterung des Herzmuskels“. Wiederum ist hauptsächlich der linke Ventrikel betroffen – die Erkrankung kann jedoch wie die RCM auch beide Kammern umfassen. Laut Studien sind zwar keine Rassen dispositioniert, jedoch scheinen Kater öfter als weibliche Samtpfoten zu erkranken. Was passiert bei einer Erkrankung?

Lange Zeit war der Mangel an Taurin Hauptverursacher der Herzerkrankung. Daher gehörte sie früher auch zu den am meisten diagnostizierten Herzleiden bei Katzen. Inzwischen ist das Wissen um die Gefahr einer Unterversorgung jedoch weit verbreitet. Es gibt Präparate zum Einnehmen für die Katze im Handel zu kaufen und die klassischen Tierfuttermarken haben Taurin in ihren Produkten vermengt. Ein ausschlaggebender Mangel wird daher nur noch in Einzelfällen beobachtet, wenn zum Beispiel die Katze selbst bekocht wird oder sie vegetarisch bzw. vegan oder überwiegend mit Hundefutter ernährt wird. Neben Herzmuskelerkrankungen kann ein Taurinmangel unter anderem auch zu einer irreversiblen Netzhaut-Degeneration führen, durch die die Mieze unter Umständen sogar erblindet. Übrigens sind Abessinier, Burmesen und Siamesen Risikorassen für Taurinmangel.

Eine DCM ist eine Vergrößerung der Herzkammern | Lieblingstier

Doch warum kommt es zu einer Vergrößerung der Herzkammer und welche Folgen bringt das mit sich? Durch eine angeborene oder erworbene Herzmuskelschwäche kann die linke Herzkammer nicht die benötigte Auswurfleistung erbringen. Mit anderen Worten: Bei der Kontraktion wird nicht mehr das gesamte Blut in den Körperkreislauf gepumpt. Es bleibt immer ein Rest an Blut in der Herzkammer. Bei einigen Katzen mit DCM sinkt der Blutdruck gefährlich weit ab. Unterschiedliche Folgemechanismen führen schließlich zu einer Erhöhung des diastolischen (die Phase, in der sich das Herz mit Blut füllt) Druckes. Herzkammer- und Arterienvolumen steigen an, außerdem staut sich das Blut im Blutkreislauf zurück. Aus den überlasteten Blutgefäßen kann Flüssigkeit austreten – beispielsweise in das Lungengewebe und damit ein Lungenödem verursachen. In einigen Fällen findet es aber auch seinen Weg in den Brust- (Pleuraerguss) oder Bauchraum (Ascites) – ca. 50% der Katzen mit kongestivem Herzversagen kommen mit Flüssigkeit im Bauch in die Tierpraxis.

Diagnose und Therapie einer dilatativen Kardiomyopathie bei Katzen

Meist wird die DCM erst nach deutlichen Symptomen und damit einer fortgeschrittenen Erkrankung diagnostiziert. Ein Grund für den Besuch bei dem/der TierärztIn könnte beispielsweise eine Atemnot der Katze durch Flüssigkeit in der Lunge sein. In dem Fall muss die Katze zuallererst rasch stabilisiert werden und benötigt Medikamente zur Entwässerung. Auch eine Entlastung des Herzens ist wichtig, damit das Blutvolumen umverteilt werden kann. Für die eindeutige Diagnose einer dilatativen Kardiomyopathie ist eine Ultraschalluntersuchung des Herzens notwendig – der so genannten Doppler-Ultraschall zeigt zusätzlich die Richtung des Blutflusses. Zur Diagnose und Therapie stehen zudem Herzinsuffizienzmarker wie BNP (Brain natriuretic Peptide) – einem Hormon, das bei Dehnung der Herzkammern von den Herzmuskelzellen gebildet und abgesondert wird – zur Verfügung BNP wird als diagnostischer Marker und zur Therapie der Herzinsuffizienz eingesetzt. Außerdem müssen Hyperthyreose, exzessive Flüssigkeitszufuhr (Hyperhydrataion) und eine Dysplasie ausgeschlossen werden, um die Diagnose DCM zu stellen.

War der Krankheitsauslöser ein Taurinmangel, kann hier mit Hilfe einer Hochdosierung der Aminosäure (der korrekte Begriff für Taurin lautet ß-Aminosulfonsäure) im Futter ausgeglichen werden. Ist der Mangel rechtzeitig entdeckt worden und der tierische Patient überlebt mit der Extraportion Taurin im Futter die ersten 30 Tage, stehen die Prognosen für eine Heilung gut (etwa 62% der erkrankten Katzen). Das Ansprechen auf die Therapie kann trotzdem zwei bis drei Monate dauern. Kann Taurin nicht als Ursache für die dilatativen Kardiomyopathie festgestellt werden, muss der/die TierhalterIn damit rechnen, dass die erkrankte Mieze nur noch wenige Wochen überlebensfähig ist.

Wir beenden diesen Beitrag ungern mit traurigen Worten, aber Herzensangelegenheiten bei Katzen sind leider nicht schön zu reden. Viele Aspekte des kleinen Lebensmuskels müssen auch erst noch erforscht werden. Wir hoffen daher, dass dein Lieblingstier ein kraftvolles gesundes Herz hat. Achte stets auf Veränderungen im Verhalten deiner Samtpfote und stelle sie lieber einmal mehr bei einem/einer TierärztIn vor, als einmal zu wenig. Ab dem 8. Lebensjahr ist ein Herzultraschall bei der Vorsorge-Untersuchung zu empfehlen – je nach Rasse eventuell aber auch schon eher.




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